Hundert Jahre Schweigen

So eine Kirche, sagt Armen, kann einem helfen. Zum Beispiel hilft sie, nicht aufzugeben. Und das sei doch was, sagt er.

Allein weil die Kirche da jetzt stehe, wunderschön und unverrückbar, während vor nicht langer Zeit hier nur Ruinen in den Himmel ragten – das mache Mut, sagt Armen, und Mut könne man gut gebrauchen, gerade in Diyarbakır.

Die Stadt liegt im Südosten der Türkei, tief im anatolischen Bergland. Diyarbakır ist grau, laut, glanzlos. Aber in der Altstadt, in diesem Gewirr von Gassen und bröckelnden Häusern, wo Kinder schreiend nach einem Fußball treten, steht die stilvoll restaurierte Kirche des Surp Giragos, des heiligen Cyriakus.

Es ist eine christlich-armenische Kirche – die erste Kirche dieser Art, die man wiederaufgebaut hat, und in einer Stadt wie Diyarbakır bedeutet das eine Menge. Es habe Versuche gegeben, den Wiederaufbau zu verhindern, erzählen die Bauherren, deuten die in das Projekt einbezogenen Politiker an. Manche Leute fühlten sich provoziert.

Für andere ist die Kirche Symbol für einen politischen Aufbruch, der die türkische Gesellschaft erfasst hat, Symbol für die Bereitschaft, sich der Geschichte zu stellen. Und schließlich gibt es auch noch Menschen, denen die Kirche hilft, sich zu erinnern, sich einfach jeden Tag zu vergewissern, wer sie eigentlich sind.

Zum Beispiel Armen.

Armen, der mit vollem Namen Armen Demirjan heißt, gelernter Bäcker, dann Lkw-Fahrer, dann Zeitungsausträger, jetzt Küster. Armen, der in seinem früheren Leben Abdulrahim Zaraslan hieß, bis er eines Tages herausfand, dass er in Wahrheit Armenier ist, dass die Überlebenden seiner Familie, viele waren es nicht, gezwungen wurden, zum Islam überzutreten. Armen, der ein neues Leben begann, das ihn jedoch Kraft kostet.

Er führt durch das Kirchenschiff. Rund zwei Millionen Euro, sagt er, habe der Bau gekostet. Die Architekten haben die ursprüngliche, beinahe minimalistische Anmutung wiederhergestellt. Eine hölzerne Decke wurde eingezogen, das Holz hat einen tiefen, samtigen Glanz. Säulen, Böden und Wände wurden aus dunklem Vulkangestein gebaut. Sonnenlicht flutet durch die hohen Fenster.

Im Kirchhof blühen Krokusse und Veilchen, es gibt ein Café, man kann Geschirr und T-Shirts kaufen. Das Café ist gut besucht, die Gäste reden Kurdisch, Englisch, Türkisch, Armenisch. Ganz hinten am Tisch sitzen zwei Schachspieler. Armen steckt sich eine Zigarette an, ein friedliches Bild.

Aber gleichzeitig ist da eine Angespanntheit spürbar, fühlbar in den einfachsten Gesprächen, in abgelegenen Dörfern ebenso wie in Städten wie Diyarbakır und Istanbul.

In diesen Tagen jährt sich zum 100. Mal der Beschluss des Osmanischen Reichs, die Armenier zu deportieren. Zwischen 800 000 und eineinhalb Millionen Menschen starben in den Jahren 1915 bis 1918 eines gewaltsamen Todes. Das EU-Parlament forderte am Mittwoch die Türkei auf, die Gräueltaten als Genozid anzuerkennen. 22 Staaten haben die Massaker offiziell als Völkermord bezeichnet, Deutschland gehört nicht dazu. Historiker bewerten das als ersten Genozid des 20. Jahrhunderts, auch Papst Franziskus sieht es so, er sagte dazu: „Wo es keine Erinnerung gibt, hält das Böse die Wunden offen.“

Wie viele Armenier, Juden, Griechen und Jesiden während der Homogenisierung der Türkei zum Islam konvertierten, weil sie auf diese Weise Tod und Unterdrückung entkommen konnten, dazu gibt es nur Schätzungen. Doch ein Einzelfall ist die verzwirbelte Geschichte des Armen Demirjan nicht.

Es beginnt Ende des 19. Jahrhunderts, es beginnt mit dem Zerfall des Osmanischen Reichs, das bis dahin multiethnisch und multireligiös gewesen war. Doch die bisherigen Untertanen wollten die Herrschaft nicht mehr akzeptieren, sie forderten nationale Unabhängigkeit. Eine erregende Idee. Sie lag in der Luft. Aber sie war tödlich.

Und Russland stand an den Grenzen. Die Osmanen, von deutschen Militärs beraten und geleitet, verdächtigten die Armenier, mit den russischen Feinden zu kollaborieren. Die Osmanen reagierten mit einer bis dahin ungekannten Brutalität.

Die Armenier wurden vertrieben. Offiziell redete man von Deportation; tatsächlich wurden die Armenier auf Todesmärsche in die Wüste geschickt, ins glühende Nirgendwo, wo sie verhungerten, wo sie überfallen und ermordet wurden.

Armen hatte von diesen Dingen gehört, irgendwie, natürlich; aber sich selbst hatte er nie damit in Verbindung gebracht.

Seine Familie stammt aus Lice, einer Kleinstadt, 70 Kilometer von Diyarbakır entfernt. Dort wuchs Armen auf, mit Mitte zwanzig heiratete er Leila, eine Kurdin. Sie bekamen vier Kinder, Armen arbeitete als Fahrer bei der Stadtverwaltung, nichts deutete auf etwas Außergewöhnliches hin. Bis sein Vater starb. Und ein Onkel ihm das Geheimnis verriet: Die Familie stammt von Armeniern ab.

Abdulrahim nannte sich jetzt Armen und begann, seine Familiengeschichte zu erforschen. Ein Freund bei der Stadtverwaltung, der ihm einen Gefallen schuldig war, besorgte ihm heimlich Dokumente. Armen saß jetzt abends am Küchentisch, lesend, und während er las, entglitt ihm sein altes Leben, Stück für Stück, und ein neues Leben, eine neue Identität tat sich auf.

Seine Brüder und seine Frau Leila sahen das mit Argwohn. Wozu alte Geschichten aufwärmen, alte Wunden aufreißen?

„Aber ich finde, ich habe ein Recht, als der Mensch zu leben, der ich bin.“

Inzwischen weiß er, dass sein Großvater und drei von dessen Söhnen ermordet wurden. Nur Armens Vater wurde von einer kurdischen Familie gerettet. Sich diesen Geschichten zu stellen, sagt Armen, war schwer. Ohne die Kirche vor Augen, sagt Armen, hätte er es vielleicht nicht geschafft. Er konvertierte zum Christentum.

Der Aufbau ist das Verdienst armenischer Geschäftsleute aus Istanbul und der Stadt Diyarbakır, die das Geld gaben. Aber auch ein Mann aus Diyarbakır hat geholfen, ein Mann namens Abdullah Demirbas, 49 Jahre alt und bis vor Kurzem noch Bürgermeister für den Altstadtbezirk. Und das, obwohl er kein Armenier sei, sagt Demirbas, „sondern waschechter Kurde drei Generationen zurück“.

Gerade deshalb, sagt Demirbas, habe er sich bemüht. Gerade deshalb half er den armenischen Bauherren, das Projekt durchzuboxen, gegen alle bürokratischen Hindernisse, und er genehmigte 300 000 Euro kommunaler Zuschüsse. Bei der Einweihung hielt Demirbas eine Rede und entschuldigte sich persönlich für den Völkermord.

Warum?

Demirbas sitzt im Hinterzimmer eines Teehauses im Schneidersitz auf einem tiefen Kissen, er starrt in seine Mokkatasse. „Die Kurden haben damals die Befehle zur Vertreibung und Ermordung nur zu gern befolgt. Mein Großvater war dabei. Er war Täter. Meine Mutter hat mir davon erzählt, es sind schreckliche Geschichten. Aber eine historische Realität. Dann, als wir Kurden selbst verfolgt, getötet, für vogelfrei erklärt wurden, da sagte meine Mutter, das sei unsere Strafe, das sei Gottes Rache für das, was wir den Armeniern angetan hätten. Damals habe ich angefangen nachzudenken.“

Die türkischen Regierungen, sagt Demirbas, täten sich schwer, die multikulturelle Vergangenheit anzuerkennen. Die Doktrin der Staatsgründung besage: eine Nation, eine Sprache. Präsident Recep Tayyib Erdoğan greife darauf zurück, erst recht jetzt, nachdem es ihm nicht gelungen sei, eine islamisch-sunnitische Achse zu schmieden, von Libyen über Ägypten bis Syrien, mit der Türkei als Führungsmacht. Deswegen besinne er sich jetzt wieder auf den Nationalismus, der den Völkermord verleugne. Doch man müsse an den Jahrestag erinnern, eine Feierstunde oder so, er wolle sich etwas einfallen lassen. Das unausgesprochene Wissen um die Schuld sei jedenfalls immer da und vergifte die Gesellschaft von innen.

Wie eine Infektion?

„Wie Dämonen“, sagt er.

Etwa zur selben Zeit, während Demirbas, der Politiker aus Diyarbakır, über eine Feierstunde nachdenkt, während Armen, der Küster, Armenisch lernt, sitzen 1020 Kilometer entfernt, in Istanbul, zwei junge Journalisten, ein Mann und eine Frau, in einem Großraumbüro. Sie sitzen an zwei benachbarten Schreibtischen und kämpfen auf ihre Weise gegen die Verdrängung des Völkermords. Und nicht zuletzt, sagen sie, kämpfen sie auch für ihr Land und ihre Gesellschaft, auf die sie, wie sie sagen, stolz sein möchten, eines Tages. Anderswo wären das große, schwülstige Worte; hier klingen sie seltsam selbstverständlich.

Der junge Mann heißt Gökhan Diler, er ist Türke; die junge Frau heißt Maral Dink, sie ist Armenierin. In Istanbul ist Dink ein ziemlich berühmter Name, auch in Europa kennt man ihn; Marals Onkel, Hrant Dink, war einer der bekanntesten Journalisten und Autoren der Türkei. Bis er ermordet wurde.

Die Wochenzeitung „Agos“, bei der sie arbeiten, ist das Blatt, das Marals Onkel einst mitgegründet hat. Es erscheint zweisprachig, auf Türkisch und Armenisch, mit einer Auflage von 5000 Exemplaren. Damit ist „Agos“ sicherlich eine der kleinsten Zeitungen in der Türkei, aber dafür ist sie vielleicht die mutigste.

Gökhan Diler und Maral Dink, der Türke und die Armenierin, sind die jungen Stars der Redaktion. Sie arbeiten oft an denselben Geschichten, über Terror, Frauenrechte, Subkulturen. Ihr wichtigstes Thema jedoch ist die Aufarbeitung des Genozids an den Armeniern.

Es ist kurz nach neun, als Gökhan ins Büro von „Agos“ kommt, er nimmt zwei Treppenstufen auf einmal. Er lebt im Osten Istanbuls, wo die Mieten günstiger sind. Morgens muss er das Goldene Horn mit der Fähre überqueren, eine Fahrt von 22 Minuten, die er genau einteilt zur Lektüre zweier Zeitungen und seiner Mails.

Gökhan, wie ist es, als Türke mit Armeniern zu arbeiten?

„Ich gebe zu, am ersten Tag war ich beklommen. Würden die Armenier mich hassen? Würde es böse Worte geben? Aber das war nicht der Fall. Wir arbeiten sachlich, haben dasselbe Ziel, oft vergesse ich, ob jemand nun Armenier oder Kurde oder Türke ist.“

Vor acht Jahren, am Nachmittag des 19. Januar 2007, wurde Dink von einem 16-jährigen Attentäter durch Schüsse in Kopf und Nacken getötet – die Hintermänner gehörten wohl zum „Tiefen Staat“, jenem klandestinen Netzwerk, das lange Zeit die Politik des Landes beeinflusste – und es vielleicht noch immer tut. Dink starb auf der Straße, er war 52 Jahre alt.

Man hätte annehmen können, dies sei das Ende von „Agos“, das Ende all dessen, wofür Dink gestanden hatte. Doch es kam anders.

Die Ermordung bescherte „Agos“ eine Aufmerksamkeit und Sympathie, die das Blatt ohne die Bluttat vielleicht nie bekommen hätte. Noch am selben Abend versammelten sich Tausende in der Istanbuler Innenstadt; die Beerdigung später geriet zum politischen Fanal.

Für Gökhan Diler und Maral Dink wurde der Tag der Ermordung von Hrant Dink zum Wendepunkt in ihrem Leben.

Gökhan studierte damals Wirtschaftswissenschaften, er stand kurz davor zu promovieren, wollte eines Tages Professor werden und „ein schönes Leben in einem schönen Elfenbeinturm führen“. Maral hatte damals gerade einen Mathematik-Studienplatz in London bekommen. Aber der Mord traumatisierte die Familie, bis heute. Es gibt immer wieder Morddrohungen gegen die Familie Dink.

Beide gaben, unabhängig voneinander, ihre Pläne auf – und bewarben sich bei „Agos“. Sie arbeiten jetzt für einen Bruchteil dessen, was sie womöglich anderswo verdienen könnten. Aber das ist ihnen egal.

Bald nach Gökhan kommt auch Maral ins Büro, eine kleine hübsche Frau mit großen Augen. Sie strahlt, wirft ihr Tuch über die Stuhllehne und eilt in die Kaffeeküche, umarmt eine Kollegin. Gökhan blickt von seinen Notizen auf.

Was den gesellschaftlichen Wandel angehe, sagt Maral, sei sie optimistisch. Viele Türken hätten begriffen, dass ihr Land sich der Vergangenheit stellen müsse. „Maral hat recht. Das Verdrängen hat unendlich viel Energie gekostet“, sagt Gökhan.

Der gesellschaftliche Wandel, von dem Maral und Gökhan sprechen, begann ausgerechnet mit dem Wahlsieg der AKP von Recep Tayyib Erdoğan im Jahr 2002. Inzwischen ist sie deutlich religiös-konservativer, doch in ihren ersten Jahren setzte die AKP Reformen um, sie modernisierte das Land und mühte sich um ein liberales Klima. Im Jahr 2005 fand ein Historikerkongress zum Thema Genozid in Istanbul statt, trotz wütender Proteste der Nationalisten. Kritische Wissenschaftler durften dennoch erstmals öffentlich Zweifel an der offiziellen Linie formulieren, die lautet: Es gab keinen Genozid.

Im selben Jahr sprach der Schriftsteller Orhan Pamuk, der später den Literaturnobelpreis bekommen sollte, es aus: „Man hat hier 30 000 Kurden umgebracht. Und eine Million Armenier!“

Es gab Proteste, Pamuk wurde angeklagt, wegen Beleidigung des Türkentums. Aber das Thema ließ sich nicht mehr unterdrücken, es war in der Welt, und auch die Türken diskutierten darüber.

Die Vertreibung und der Völkermord verteilten die Armenier über Moskau, Los Angeles, Paris und Beirut. In Istanbul leben nur noch etwa 65 000 Armenier. Sie mussten, im Vergleich zu ihren geflohenen Landsleuten, in einer feindseligen Umgebung ausharren. Sie hatten es, grob gesagt, am schwersten.

Umso wichtiger ist für sie der Ausbruch aus der Tabuzone. Dieser Ausbruch lässt sich nicht nur in Istanbul besichtigen, nicht nur in der Kirche in Diyarbakır, sondern auch in den abgelegenen Dörfern Anatoliens. Wie Armen, der Küster, entdecken auch dort andere Armenier ihre Identität, sehen ihr Leben neu.

Aber leicht ist es nicht. Das zeigt die Geschichte der Asiya Altai.

Das Dorf Çüngüş liegt etwa eineinhalb Autostunden von Diyarbakır, die Landschaft ist rau, bergig, in den Senken stehen Mandel- und Pistazienbäume. Çüngüş besteht aus gelben, grünen, ockerbraunen Häusern, die an den Berg geklebt sind.

Das Haus liegt am Dorfrand. Asiya Altai sitzt davor, auf einem kleinen Holzstuhl, eine winzige Greisin, aber ihre Hände sind schwer und kräftig, an harte Arbeit gewöhnt. Ihr Enkelsohn steht neben ihr, er ist fünf oder sechs. Sie ist etwa 98 Jahre alt, genau weiß sie es nicht.

Als jetzt ein Auto vorfährt, als plötzlich Fremde aussteigen und auf sie zugehen, steht sie auf. Sie legt ihrem Enkel, der vor ihr steht, schützend die Hände vor die Stirn. Ihr Schwiegersohn Recai will sie beruhigen. Sie wolle über ihre Geschichte nicht sprechen, beharrt sie. Es sei aber wichtig, sagt der Schwiegersohn.

Asiya Altai wurde geboren in der Zeit der Vernichtung. Von ihrer Mutter weiß sie, dass diese Safiye hieß, ein armenisch-christlicher Name, das Pendant zu Sophie. Safiye befand sich mit ihren Eltern auf einem Todestreck in die syrische Wüste, als ein kurdischer Freischärler die Zwölfjährige erblickte, sich entweder verliebte oder sie vergewaltigen wollte – jedenfalls entriss er Safiye ihren Eltern und rettete ihr auf diese Weise das Leben.

Dieser Kämpfer war wahrscheinlich Asiyas Vater; er starb offenbar bald nach ihrer Geburt. Asiya hat ihn nie kennengelernt, sie wuchs in Çüngüş auf. Ihre Mutter konnte den anderen Frauen im Dorf wahrscheinlich nie wirklich trauen, so machte sie die Tochter zu ihrer frühen Vertrauten. Und nahm ihr dafür das Versprechen ab, das schreckliche Geheimnis ihrer Herkunft zu bewahren.

Asiya Altai fühlt sich heute noch daran gebunden. Ihre Tochter und ihr Schwiegersohn müssen ihr die Worte einzeln entlocken. Man hatte ihre Mutter wahrscheinlich damals gewarnt: kein Wort, niemals.

„Aber das gilt doch heute nicht mehr!“, sagt Recai, ihr Schwiegersohn.

„Du kannst ruhig sprechen“, sagt Ayşe, ihre Tochter.

„Hier lebten viele Armenier“, sagt Asiya Altai, „es gab eine Kirche, ein Kloster, die Ruinen stehen noch. Dann waren die Armenier eines Tages weg, einfach so.“

Beim Abschied schlägt Recai vor, man könne noch an den Dudan-Fluss fahren, 15 Minuten entfernt.

Dort seien viele Menschen getötet worden, man habe sie dorthin getrieben, in die Schlucht geschleudert, die Alten aus den umliegenden Dörfern, sie hätten es gewusst, und manche hätten es hinter vorgehaltener Hand erzählt. Die Leute vom Dorf würden den Ort meiden, er sei verflucht.

Der Dudan erweist sich als grün schäumendes Bergwasser, das erst durch eine Schlucht führt, dann in eine Felsspalte stürzt. Wie ein unterirdischer Wasserfall. Es geht vielleicht 15 oder 20 Meter tief hinab, ein tosendes, dunkles Loch, aus dem Nebelschwaden steigen.

Der Fahrer, bis eben sehr schweigsam, drängt zum Aufbruch, er wolle hier nicht bleiben. Nein, nicht dass er an Geister glaube, das nun wirklich nicht, sagt er, aber man wisse nie.